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Festsymposion „Europäisches Steuerverfassungsrecht“ für Mellinghoff

Festsymposion „Europäisches Steuerverfassungsrecht“
für Rudolf Mellinghoff

Aus Anlass der Verabschiedung von Professor Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff als Präsident des Bundesfinanzhofs richtete das Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen gemeinsam mit dem Institut für Steuerrecht der Universität Köln und der Carl Friedrich von Siemens Stiftung ein Symposion zum Thema „Europäisches Steuerverfassungsrecht“ aus.

v.l.n.r.: Christoph Spengel, die Gastgeber Wolfgang Schön
und Johanna Hey,  Ehrengast Rudolf Mellinghoff

Bereits zweimal musste die Tagung auf Grund der Corona-Pandemie um jeweils ein Jahr verschoben werden. Doch der Wille, das Wirken Rudolf Mellinghoffs, der als langjähriges Mitglied des Kuratoriums auch unserem Institut eng verbunden ist, auf diese besondere Weise zu ehren, war sowohl auf Seiten der Referenten, als auch unter den Gästen ungemindert.

Und so konnte Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Schönals einer der Gastgeber am 20. Mai 2022 schließlich einen illustren Kreis an Mitstreitern und Weggefährten Mellinghoffs in den Räumen der Carl‑Friedrich‑von‑Siemens‑Stiftung im Schlossrondell Nymphenburg willkommen heißen.

Wolfgang Schön richtete seine Grußworte nicht nur an eine stattliche Anzahl aktiver und ehemaliger Vertreter der höchsten deutschen und europäischen Gerichte, sondern auch an seine akademischen Kolleginnen und Kollegen sowie an Vertreter aus Politik und Privatwirtschaft.

Auf der Liste der Gäste fanden sich u.a. der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Stephan Harbarth, Vizepräsidentin Doris König und der ehemalige Präsident Andreas Voßkuhle, weiterhin die frühere Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Ingrid Schmidt, der Präsident des Bundessozialgerichts Rainer Schlegel sowie Hans­­­­­-Josef Thesling, der Nachfolger von Rudolf Mellinghoff im Amt des Präsidenten des Bundesfinanzhofs.

Mit besonderer Herzlichkeit wurden auch die Vortragenden begrüßt. Denn neben den beiden Gastgebern Prof. Dr. Johanna Hey von der Universität zu Köln und Wolfgang Schön beteiligten sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen mit Vorträgen an diesem Ehrentag für Rudolf Mellinghoff.

Den Anfang machte Mellinghoffs Mentor Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, ehem. Richter am Bundesverfassungsgericht, der die Laudatio auf den Ehrengast unter dem Titel "Von einem, der auszog, die Welt des Steuerrechts zu erkunden" hielt.

Im Anschluss eröffnete Prof. Dr. Hanno Kube, Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, das erste Vortragspanel des Tages. Er legte das Verhältnis des europäischen zum nationalen Steuerverfassungsrecht dar. Seine Analyse mündete in ein Plädoyer für die Übertragung weiterer Kompetenzen an die Union zum Erlass konzeptionell angelegten Sekundärrechts.

Nussberger-Kokott
Angelika Nußberger, Juliane Kokott v.l.n.r.: Meinhard Wittwer, Rudolf Mellinghoff, Hans-Josef Thesling

Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Juliane Kokott, Generalanwältin am Gerichtshof der Europäischen Union, erörterte in ihrem Vortrag die derzeitigen „Kompetenzen des Europäischen Steuergesetzgebers“ und hinterfragte, ob die Binnenmarktkompetenz die weitreichende Umsetzung der BEPS-Vorgaben tragen könne. Darüber hinaus warnte sie vor einer zunehmenden „Entparlamentarisierung“ bei der Mittelbeschaffung durch die Union.

Wolfgang Schön eröffnete das Nachmittagspanel unter Moderation von Andreas Voßkuhle mit einem Vortrag zu „Steuergewalt und Demokratieprinzip in der Europäischen Union“. Darin deckte er bestehende Demokratiedefizite im europäischen Mehrebenensystem auf und entwickelte einen Vorschlag zur verstärkten Rückbindung der Entscheidungen über die Einführung genuiner EU-Steuern an die Unionsbürger als demokratische Subjekte.

Mellinghoffs langjähriger Karlsruher Weggefährte, Richter am Bundesverfassungsgericht Prof. Dr. Peter Michael Huber, gab im Anschluss eine Tour d’Horizon über „Solidität und Solidarität in der europäischen Finanzverfassung“ und bemerkte eine bisweilen unzureichende Durchsetzung der verbindlichen rechtlichen Regeln zur Solidität zugunsten des Programms europäischer Solidarität.

Bernd Huber, Wolfgang Schön, Stephan Harbarth
v.l.n.r.: Peter Michael Huber, Wolfgang Schön, Stephan Harbarth
 

Im letzten Panel des Tages zeigte Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Angelika Nußberger, Vizepräsidentin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte a.D., wie in verschiedenen Rechtskulturen der Konflikt zwischen steuerlicher Transparenz und Persönlichkeitsschutz mit gänzlich unterschiedlichen Ergebnissen aufgelöst wird.

Prof. Dr. Johanna Hey bemängelte im Rahmen ihrer grundlegenden Betrachtungen zur Rolle des europäischen allgemeinen Gleichheitssatzes, dass der EU-Steuergesetzgeber seiner Verantwortung für gleichmäßige Lastenausteilung im Bereich vollharmonisierten Steuern bislang nur unzureichend gerecht werde.

Der Vorsitzende der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft, Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, erkundete mit seinem Vortrag zu den rechtsstaatlichen Grenzen des Steuerzugriffs in der Europäischen Union die Trias aus Freiheitsrechten, Gleichheitsrechten und Rechtsstaatsprinzip.

 

Text: Hintermayer/Erdem/Salzer Fotos: © Eisenmann

Juni 2022