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Wenn Arm und Reich kooperieren

Reichen wird eher kooperatives Verhalten unterstellt als armen Menschen, hat Dr. Andrea Martinangeli, wissenschaftlicher Referent am Institut, herausgefunden. Das könnte eine gute Nachricht sein. Menschen neigen dazu, die eigene Kooperationsbereitschaft von ihrem Gegenüber abhängig zu machen: Je kooperativer sie dieses einschätzen, desto mehr sind sie bereit, selbst beizutragen. Wird reichen Menschen kooperatives Verhalten unterstellt, steigt die Kooperation insgesamt.

Martinangeli führte Laborexperimente durch, um einen Aspekt zu beleuchten, der für anhaltendes Kooperationsversagen in sozial heterogenen Kontexten verantwortlich sein könnte und bis dato kaum untersucht wurde: die Kooperationsbereitschaft, die anderen aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten anstatt aufgrund des beobachtbaren Verhaltens zugeschrieben wird.

Der Ökonom ließ seine Studiensubjekte eine Variante des so genannten Öffentliche-Güter-Spiels spielen, bei dem die Probanden im Geheimen entscheiden, wie viel ihrer Anfangsausstattung sie in ein öffentliches Gut investieren. Am Ende des Spiels wird der gemeinsame Topf vervielfacht und gleichmäßig auf alle Spieler verteilt, sodass ein Konflikt zwischen Selbst- und Gruppeninteresse entsteht.

Martinangelis Resultate zeigen, dass, für wie kooperativ das Gegenüber gehalten wird, auch von dessen finanziellen Ressourcen abhängt. Sowohl „reiche“ als auch „arme“ Mitspieler unterstellten „Reichen“ grundsätzlich, sie würden mehr kooperieren als „Arme“. Fehlten weitere Informationen, um die Erwartungshaltung zu korrigieren, korrelierte das Verhalten eines Spielers stark, positiv und signifikant mit der dem ressourcenreichen Mitspieler unterstellten Kooperationsbereitschaft, nicht aber mit dem vom „armen“ Mitspieler angenommenen Verhalten. Diese Erkenntnis legt nahe, dass der Glaube an die Kooperationsbereitschaft der „Reichen“ in einer ökonomisch diversen Gruppe Haupttreiber für Kooperation sein könnte.

Das Wissen darüber, welche soziale Gruppe welche Kooperationszuschreibungen und welches Verhalten triggern, könnte helfen, die Kooperation insgesamt zu erhöhen, indem relevante Information weitergegeben oder institutionelle Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden, folgert Martinangeli. Obwohl nur in einer Fußnote berichtet, enthalten seine Daten auch eine Warnung: Im Unterschied zu dem ihnen unterstellten Verhalten trugen die „Reichen“ vergleichsweise weniger zum gemeinsamen Pott bei als die „armen“ Studienteilnehmer.

Martinangeli, A. Do What (You Think) the Rich Will Do: Inequality and Belief Heterogeneity in Public Good Provision.

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Oktober 2019